Focus
Film und Vortrag: Walter Rodney (1942-1980) - Panafrikanischer Revolutionär und Marxistischer Historiker
Venue
Do. 23. Januar 2025, 15-17:30 (Kolloquium) und 19 Uhr (Film und Vortrag)
Allerweltshaus, Geisselstraße 3-5, 50823 Köln
Wir zeigen den Dokumentarfilm von Daniya Harris-Vajda und Arlen Harris, der in enger Kooperation mit der Walter Rodney Foundation entstanden ist: „Walter Rodney: What They Don’t Want You To Know“ (2023, 72 min, OmeU). Dazu spricht Bafta Sarbo.
Vor der Filmvorführung findet am selben Ort ein offenes Kolloquium mit Bafta Sarbo zu den neu übersetzen Schriften von Walter Rodney „Wie Europa Afrika unterentwickelte“ und „Dekolonialer Marxismus“ statt. Die Textstellen werden ausgeteilt und wir lesen sie gemeinsam. Vorkenntnisse sind nicht nötig, alle sind willkommen!
Bafta Sarbo (Berlin) hat sich intensiv mit dem Leben und den Schriften von Walter Rodney beschäftigt und für die Neuausgabe von „Wie Europa Afrika unterentwickelte“ ein Vorwort verfasst. Zusammen mit Eleonara Roldán Mendívil hat sie 2022 den Sammelband „Die Diversität der Ausbeutung – Zur Kritik des herrschenden Antirassismus“ herausgegeben.
Walter Rodney wurde am 23. März 1942 in der Kolonie Britisch-Guayana geboren und erhielt aufgrund seiner schulischen Leistungen ein Stipendium für ein Studium in London. Dort kam er in Kontakt zu marxistisch-panafrikanischen Zirkeln um Menschen wie C.L.R. James („Die schwarzen Jakobiner“, 1983). Seinen Doktor machte er mit einer Arbeit über die verheerenden Auswirkungen des transatlantischen Sklavenhandels, am Beispiel von Westafrika in der Zeit von 1545 bis 1800. Es folgten Forschungs- und Lehrtätigkeiten in Tansania und Jamaika, während derer er sich auch außerhalb der Universität an der damals erstarkenden Black-Power-Bewegung beteiligte und sie inspirierte.
Als ihm Jamaika im Oktober 1968 die Einreise verweigerte, kam es zu tagelangen Unruhen in Kingston, den „Rodney Riots“. Er kehrte wieder an die Universität von Daressalam zurück und schrieb dort sein 1972 veröffentlichtes Buch „Wie Europa Afrika unterentwickelte“, das ihn über die Karibik und Afrika hinaus weltweit bekannt machte. Ganz ohne akademische Attitude schreibt er eine Geschichte Afrikas und er schreibt sie vor allem für die Menschen in Afrika. Darin weist er nach, wie erst der Kontakt zu Europa den Kontinent durch den millionenfachen Menschenraub ausgeblutet und durch die kolonialistische Ausplünderung in die bis heute anhaltende „Unterentwicklung“ getrieben hatte.
In Tansania forschte er auch zur Rolle Deutschlands, das dieses Gebiet in der Zeit von 1885 bis 1916 als Kolonie ausbeutete und den Widerstand, der 1905 im Maji-Maji-Aufstand gipfelte, brutal unterdrückte. Einer der führenden Militärs bei der Niederschlagung des Widerstands, Hermann Wissmann, wird bis heute in Köln mit einem Straßennamen in Ehrenfeld und einem Grab auf Melaten geehrt.
Nach mehreren Reisen in die Karibik und einem Semester Lehrtätigkeit in Hamburg kehrte er 1974 in das mittlerweile unabhängig gewordene Guyana zurück und schloss sich dort der linken Oppositionspartei, der Working People’s Alliance (WPA), an. Rodney und die WPA bemühten sich vor allem, durch eine konsequente Klassenpolitik die Spaltung zwischen Menschen afrikanischer und indischer Herkunft zu überwinden. Damit provozierte er die zunehmend autoritärer herrschende „afrozentrische“ Regierung von Forbes Burnham, die ihn am 13. Juni 1980 mit einem Sprengstoffanschlag ermordete. Nach jahrelangen Bemühungen seiner Frau Patricia und Freunden um Aufklärung gestand die jetzige Regierung ein, dass der Staat den Anschlag in Auftrag gegeben hatte.
Eine Veranstaltung des „Lesekreises in der TtE-Bücherei“ in Zusammenarbeit mit dem „Global South Studies Center“ der Universität Köln, dem „Afrika Film Festival Köln“, dem „Forum Decolonizing Academia“ an der Uni Köln, der „Sonnenblumen Community Development Group e.V.“, der „Theodor Wonja Michael Bibliothek“ und dem „AvantGarden Kollektiv“ (Kontakt: tte-lesekreisposteo.de)