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Focus

Bittere Orangen - Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa

Alle Jahre wieder erfreuen sich Orangen in der Winterzeit großer Beliebtheit. Dass bei der Orangenernte zum Teil menschenunwürdige Arbeitsbedingugen herrschen, ist vielen nicht bekannt. Gilles Reckinger hat sich für seine Forschung intensiv mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen beschäftigt, die in Italien in der Erntehilfe beschäftigt sind. In seinem Buch "Bittere Orangen" dokumentiert der Autor eindrucksvoll Zustände moderner Arbeitssklaverei mitten in Europa. In der Veranstaltung liest der Autor Passagen aus dem Buch und gibt Auskunft über seine Forschungstätigkeit als Ethnologe. Die Veranstaltung wird moderiert von Dr. Oliver Tappe (GSSC).

Zum Buch:

Auf Lampedusa hat man sie ankommen sehen, erschöpft und traumatisiert von ihrer Flucht über das Mittelmeer. Viele der Menschen aus afrikanischen Ländern, die ihre Hoffnung auf ein freies Leben in Europa gesetzt hatten, sind nie aus Italien herausgekommen. Sie stecken fest in einer neuen Sackgasse: den süditalienischen Orangenplantagen. Während ihrer Asylverfahren stehen Geflüchtete in Süditalien ohne Papiere und ohne Rechte buchstäblich auf der Straße. Die nahen Plantagen sind oft ihre einzige Chance auf eine Arbeit, die ihr Überleben sichert. Offen verachtet von der Bevölkerung, untergebracht in Slums und fern jeder medizinischer Versorgung pflücken sie 12 Stunden am Tag Orangen. Für maximal 250 Euro im Monat – sofern sie das Glück haben, morgens auf dem „Arbeitsstrich“ aufgelesen zu werden. Gilles Reckinger ist immer wieder nach Rosarno, eine kleine Stadt in Italiens Stiefelspitze, gereist, um die Arbeits- und Lebensbedingungen der migrantischen Erntehelfer zu dokumentieren. In vielen Gesprächen ist er den Menschen nahe gekommen, die festgesetzt sind in extremer Prekarisierung ohne jede Option. Nicht einmal die auf Rückkehr in ihr Herkunftsland.

Zum Autor:

Prof. Dr. Gilles Reckinger, geboren 1978 in Luxemburg, ist Europäischer Ethnologe mit den Arbeitsschwerpunkten Migration, Prekarität und Europäisches Grenzregime. Sein Buch Lampedusa (Peter Hammer Verlag 2013) erhielt den „Bruno Kreisky Preis für das politische Buch“ und stand auf der Short List für den „Opus Primum“ der Volkswagenstiftung. Gilles Reckinger lebt in Innsbruck und Luxemburg.

Moderation: Dr. Oliver Tappe (GSSC)

Datum: 16.01.2019
Beginn: 18 Uhr
Ort: Internationales Kolleg Morphomata Weyertal 59, 3. OG, 50937 Köln

Im Anschluss an die Veranstaltung findet ein Umtrunk statt. Der Eintritt ist frei.